Tausche Zelt gegen Bett
Für gut vier Wochen tauschen wir den lieb gewonnenen Spirituskocher gegen eine große Küche, unser treues Zelt gegen ein Zimmer mit Ausblick ins Grüne und die beladenen Rucksäcke gegen ein eigenes Regal. Über Help Exchange haben wir eine junge Familie gefunden, die uns im Austausch für ein paar Stunden Arbeit pro Tag in ihrem Haus am Grazer Stadtrand beherbergt und ihr leckeres Essen mit uns teilt. Schon in Leipzig hatten wir uns vorgenommen, unsere Reise auf diese Art und Weise immer mal wieder zu unterbrechen.
Help Exchange ist eine internationale Online Plattform, auf der sich Reisende wie wir mit (Bio-)Bauernhöfen, Weingütern, Ranches, Restaurants, Hostels, Familien oder Privatpersonen in Verbindung setzen können.
Für Kost und Logis packt man bei Allem, was gerade so ansteht, mit an.
Die Arbeitszeiten variieren von Fall zu Fall, meist sind es aber im Durchschnitt 4-6 Stunden pro Tag, mit ein oder zwei freien Tagen in der Woche. So bleibt also immer noch genug Zeit für kleinere und größere Erkundungstouren in der Umgebung.
Uns geht es dabei jedoch nicht nur um Austausch von Arbeit gegen Essen und Unterkunft.
Es ist uns vor allem die Möglichkeit des Innehaltens wichtig. Schon während früherer Touren, entschieden wir uns oft dafür, statt jeden Tag von einem Highlight zum nächsten zu ziehen, lieber mehr Zeit an einem Ort zu verbringen, um Land und Leute besser kennenzulernen. Durch Projekte wie Help Exchange haben wir die Chance, einen Einblick in den Alltag verschiedenster Menschen auf dieser Welt zu bekommen. Und das für mehrere Wochen am Stück.
Dieser Perspektivwechsel ist wahnsinnig spannend, da wir so durch die unterschiedlichsten Arbeiten und Lebensweisen jeden Tag etwas Neues dazu lernen – auch über uns selbst.
Ein netter Nebeneffekt ist auch, dass wir auf diese Weise unsere Kosten gering halten und mit unserem kleinen Tagesbudget von 5€ pro Person noch besser über die Runden kommen. Denn durch Arbeitsaufenthalte für Kost und Logis, haben wir so immer mal die Möglichkeit unser Geld für ein paar „Extras“ zu nutzen (z.B. für eine Bergbahnfahrt in der Schweiz für schlappe 80€).
Gerade die Unregelmäßigkeit dieser Extras, lässt sie uns sehr wertschätzen.
Und das macht verdammt viel Spaß!
Zurück nach Graz: Von Marianne, Adrien, Maylea (fast 7) und Maël (6 Monate) werden wir herzlich aufgenommen und euphorisch stapeln wir alles, was wir auf dieser Reise besitzen, in unser Regal. Es ist schon irgendwie aufregend, mal wieder für einige Zeit eine feste Anschrift zu haben.
In den darauffolgenden Tagen erfüllen wir eine bunte Palette an Aufgaben.
Wir kümmern uns täglich um die drei Hunde Amaru, Amalie und Beasie sowie um Lala, die Katze.
Für uns zwei Hunde-Unerfahrene ist es anfangs eine ganz schöne Herausforderung, mit drei liebeshungrigen Schlabberschnauzen auf einmal zurecht zu kommen. Wir gewöhnen uns jedoch schnell an sie und haben bald keine Berührungsängste mehr.
Die Tage vergehen mit Gartenarbeit, Streichen, Putzen und dem ein oder anderen Brettspiel oder Trampolinsprung mit Maylea.
Wir reparieren Fahrräder, bauen ein Gewürzregal und helfen beim Entrümpeln des alten Hauses. Der Vormieter hat leider einiges an Kram zurückgelassen und so fühlen wir uns des öfteren wie Mitglieder des Phönix Ordens, die Grimmauldplatz Nr.12 von allerlei schwarzmagischer Gegenstände befreien.
Immer wieder sind die Tage gespickt mit inspirierenden Unterhaltungen und unbekannten Gaumenfreuden. Auch eine große Bibliothek im Wohnzimmer lässt keine Langeweile aufkommen. Allerdings sind wir dann doch versucht, für die bevorstehende Geburtstagsfeier von Maylea, unseren Glasschneider auszupacken (Oh ja, wir haben ihn mit!), lassen es dann aber doch, aufgrund der Fülle an vorhandener Dekoration im Haus, bleiben.
Zu tun gibt es auf jeden Fall noch genug und wir sind sehr froh, hier gelandet zu sein und gespannt, was die nächsten Wochen so für uns bereit halten.