Knapp 700km trennen Feldkirch von Graz. In fünf Tramptagen geht es für uns von West nach Ost – von Voralberg bis in die Steiermark.
Schmale tiroler Straßen führen uns vorbei an idyllischen kleinen Dörfern (deren Ruhe nur durch die rasante Fahrweise ihrer Einwohner gestört wird) und über unzählige Bergpässe. Wir wählen lieber Landstraßen statt der Autobahn, lassen uns abends absetzen, wo wir es schön finden, trinken Wasser aus eiskalten Bergbächen oder fragen nette Dorfbewohner um etwas Trinkwasser.
Wir campen in Wäldern oder versteckten Dorfwiesen. Das ist zwar in Österreich (wie auch in Deutschland) offiziell verboten, doch wir hinterlassen kaum mehr als Fußspuren und fallen nicht auf.
Die Straße bleibt dabei unser ständiger Begleiter und wiegt uns mal mehr und mal weniger dröhnend jede Nacht in den Schlaf.
So ungemütlich das vielleicht klingen mag, doch genau dadurch wird Tag für Tag unsere Abenteuerlust geweckt. Jeden Tag aufs Neue führt uns die Straße immer weiter von Ort zu Ort, hin zu einem Ziel, das wir selbst noch nicht kennen. Vom Zufall lassen wir uns leiten und sind jedes Mal wieder gespannt, mit wem er uns zusammenbringt und welche Gegenden wir als nächstes sehen werden.
Und wie es der Zufall eben will, bekommen wir unseren ersten Eindruck von Österreich im abendlichen Feldkirch – einem Städtchen, das fast ausschließlich über Tunnel zu erreichen ist.
Zum Trampen eher suboptimal.
Und die späte Stunde macht es leider auch nicht einfacher. Ein Alternativplan muss her:
Einfach unser Zelt in einem Garten aufschlagen und am nächsten Morgen unser Glück erneut versuchen!
Die Feldkirchner sind jedoch alles andere als begeistert, denn kein Einziger macht uns die Tür auf. Schade, hatte das doch in der Schweiz so gut funktioniert… Ein wenig frustriert müssen wir uns geschlagen geben und zahlen mit knirschenden Zähnen für zwei Betten im 10er-Zimmer der Jugendherberge.
Doch der Ärger weilt nur kurz.
Schuld daran sind sicherlich die heiße Dusche, das schöne Gebäude, die funktionierenden Steckdosen und nicht zu vergessen: das vorhandene WLAN. War schon alles gut so!Und so stehen wir frisch und fröhlich am nächsten Tag an der Tankstelle und starten unsere Reise durch das schöne Österreich.
Wir machen wiederum tolle Bekanntschaften, erhalten viele Tipps für unsere weitere Route und stoßen immer wieder auf Erstaunen und ermutigende Worte, wenn wir von unserer langen Reise erzählen.
Die Zufälligkeit dieser Begegnungen hat etwas Magisches inne.
Wir wissen nicht, was der Tag uns bringen mag.
Mal kochen wir unser Abendessen inmitten hunderter Downhill-Profis im Biker-Eldorado Leogang, genießen mit einer kurdisch-indonesischen Familie aus Deutschland selbst geerntete Trauben am Bergbach oder marschieren stundenlang mit unserem Gepäck durch das weitläufig abgesperrte Zell am See. (Hier hatte die erste europäische Iron Man Weltmeisterschaft die Stadt lahmgelegt und somit auch uns. Aber ein Erlebnis war es schon. Vor allem weil wir wahrscheinlich die einzigen beiden Zuschauer waren, die eher daran interessiert waren, die Stadt zu durchqueren, als die Triathleten anzufeuern.)
Und so trampen wir von einer Geschichte in die nächste, bis wir schließlich am 1. September in der Ruhe von Mariannes Familie in Kainbach bei Graz ankommen.
Autos trauen sich nur selten in diese Gegend.
Umgeben von einer wohltuend meditativen Stille, werden wir hier die nächsten Wochen für Kost und Logis arbeiten und beobachten wie der österreichische Herbst langsam die Wälder verändert.