Es ist kurz nach 11 Uhr. Das kleine Strandcafé in einem Vorort von Split ist gut gefüllt. Aus dem Terassenradio dudelt ein italienisches Liebeslied. Neben uns spielen drei ältere Männer eine Runde Karten. Zwei Tische weiter ruft ein aufgeregtes Mädchen ihrer Mutter etwas zu und deutet auf eine schwarze Katze, die sich in der Sonne räkelt. Den Geschmack von Espresso auf den Lippen, schaue ich hinaus aufs Meer.

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Knapp 4000 Kilometer sind wir nun schon unterwegs.

Sicher, wir haben in den letzten Jahren schon mehr Kilometer zwischen uns und Leipzig gebracht. Und doch wird mir gerade in diesem Moment die Entfernung bewusst und der Weg, den wir zurückgelegt haben. Vielleicht liegt es an dem für Deutschland untypischen Novemberwetter, welches die letzten Spuren von Regen und Kälte der vergangenen Tage aus meinen Gedanken wischt.

Vielleicht liegt es aber auch am Meer. Auf das Meer zu starren und den Reflexionen der Wasseroberfläche zu folgen, ruft bei mir immer ein Gefühl von Weite hervor. Ich schaue gern hinaus und stelle mir vor wie es auf der anderen Seite wohl aussehen mag. Und ich denke an das Leben und die Menschen, die wir in Deutschland zurückgelassen haben. Unserer Heimat.

Doch was bedeutet Heimat eigentlich für uns?

Eine Frage, die uns in den letzten Wochen immer wieder beschäftigt. Sind es die vertrauten Gesichter, festen Wege, jahreszeitlichen Rituale und bekannten Gerüche, die uns heimisch fühlen lassen? Oder hat es vielleicht gar nicht unbedingt mit einem Ort zu tun, sondern vielmehr mit der Art und Weise, wie wir gemeinsam unser Leben gestalten?

Wir haben Leipzig nicht verlassen, weil wir unser Leben dort nicht mochten. Im Gegenteil, wir waren beide sehr zufrieden mit dem Leben, das wir geführt haben. Wir sind nicht los gezogen auf der Suche nach „mehr“ – uns hat vor allem interessiert wie die Welt dort draußen eigentlich so aussieht, wo andere ihr Zuhause haben.

Je mehr wir uns allerdings von unserer Heimat entfernen, desto mehr verschwimmen die Grenzen von „Heimat“ und „dort draußen“.

Fremde Länder werden zu neuen Erkenntnissen. Fremde Sprachen zu lieb gewonnenen freundlichen Melodien, die uns ein Stück des Weges begleiten. Und uns ist nun klar: Es gibt gar kein „dort draußen“. Sobald man sich einmal auf den Weg macht, gibt es nur ein Hier und Jetzt und mitunter wird „Zuhause“ für uns der Ort, an dem wir uns gerade für mehr als einen Tag niederlassen.

Es ist aufregend mit jedem Stück des Weges eine neue Seite unserer Landkarte aufzuschlagen. Dennoch habe ich oft das Gefühl, dass gerade die physische Entfernung zu dem Zuhause, welches wir in Leipzig verlassen haben, uns stärker daran knüpft, als wir gedacht hätten. Flo trägt eine kleine Liste mit Ideen und Erkenntnissen mit sich, die wir gern beibehalten und umsetzen möchten, wenn wir unsere Reise beenden und uns irgendwo niederlassen.

Unser innerer Kompass zeigt dabei im Moment noch nach Leipzig.

Ob die nächsten 4000 Kilometer das ändern werden? Wir hätten ohne große Probleme die gleiche Strecke in kürzester Zeit per Flugzeug überwinden können. Aber was hätte das groß gebracht? Kommt es uns doch immer weniger darauf an zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu sein, sondern eher, den Weg zu genießen, auf dem wir uns gerade befinden. Wo wir am Ende dieser Reise unsere Heimat finden wird sich noch zeigen.

Heute genießen wir erst mal den Ausblick über das Meer. Und vielleicht auch den einen oder anderen Traum von fernen Ländern und Abenteuern, die noch vor uns liegen.

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